Was Armut wirklich bedeutet
Peter Weiß (Name geändert) führte ein normales Leben. Dann kam mit 50 der Unfall, der ihn in die Frührente zwang und schließlich der Tod der Mutter, die ihn unterstützt hatte.
Heute lebt er alleine auf 21 Quadratmetern, möbliert, für 410€ Warmmiete. 270€ bleiben ihm für Essen und Trinken, für Kleidung, und dann hört die Aufzählung auf, weil oft genug nicht einmal dafür das Geld reicht. Geht mal die Waschmaschine, ein Haushaltsgegenstand oder die Brille kaputt, kommt es zu einer Erschütterung erheblichen Ausmaßes. Für solche Fälle solle er Geld zurücklegen, sagt das Amt. Aber wovon soll er etwas sparen? Bei dem Versuch, eine preiswertere Wohnung zu finden, geriet Weiß an einen Miethai. Die Heizung funktionierte nicht und statt einer Toilette gab es nur ein Loch im Boden.
Durch „Menschen in Not“ gelang es Peter Weiß nach einigem Hin und Her, in die bisherige Wohnung zurückzukehren und gegen den Miethai juristische Schritte einzuleiten. Wenn das Geld nicht reicht, ist der Verein da, um mit kleineren Geldbeträgen von unter 100€ die größte Not direkt und unbürokratisch zu mildern.
Peter Weiß ist einsam. Lebt man in Armut, ist man oft sozial isoliert und man verarmt auch in den Interessen. Ihm fehlt der Kontakt zu Menschen. Er war lebenslang ein großer Schalke-Fan und Teil der Fangemeinschaft. Er würde gerne wieder ein Spiel im Stadium erleben und mal ein schönes Stück Fleisch essen. Ausschnitt aus dem WN-Bericht vom 28.03.19 von Christiane Nitsche
Klaus Baveld 14.07.19
Wenn eine Mutter von 4 Kindern scheinbar keinen Ausweg mehr sieht
Im Mai 2019 kam Frau Carina Fischer (Name geändert) in unsere Sprechstunde. Man konnte beim Rathaus nicht helfen und die Diakonie verwies schließlich an uns, an „Menschen in Not“. Das Sprechstunden-Team gab das Hilfeersuchen sofort an den Vorstand von „Menschen in Not“ weiter, da es nicht um das Kleben eines Pflasters, sprich eine kleine Unterstützung in der Not ging.
Frau Fischer hat vier Kinder im Alter von 7 Wochen sowie 1, 8 und 13 Jahren. Im Dezember 2018 war Familie Fischer nach langer Suche zur Miete in eine Doppelhaushälfte gezogen. Die alte Wohnung war für sechs Personen viel zu klein. Das neue Zuhause musste grundlegend mit eigenem Geld renoviert werden, sonst hätte der Vermieter den Fischers nicht den Zuschlag gegeben. 130qm Laminat, neue Fliesen, neue Wanne, WC und Waschbecken. Alle Räume neu tapeziert und in einigen Räumen neue Gipskartondecken eingezogen. Alles auf eigene Kosten. Das gesamte Ersparte und ein Teil geliehenes Geld wurden für die Renovierung verwendet.
Kurz nach dem Einzug wurden dann alle dauerkrank. Die einjährige Tochter kam im März ins Krankenhaus und der neugeborene Säugling musste von Gronau über Nordhorn nach Münster mit akuter Lungenentzündung operativ behandelt werden. Die Eheleute bekamen wegen ständiger Atemnot Kortison verordnet. Dann entdeckte man den Schimmelbefall in der gesamten Wohnung – die Ursache für die Dauererkrankungen der Familie. Die Wohnung musste sofort wegen Unbewohnbarkeit geräumt werden. Zunächst kam man bei der Mutter von Frau Fischer unter. Zwei kleine Räume für 6 Personen mussten reichen, bis man über die Versicherung vorübergehend in eine Ferienwohnung einziehen durfte. Ursache für den akuten Schimmelbefall waren defekte Abwassserleitungen. Das Abwasser versickerte unter dem Gebäude, statt in das Entwässerungssystem abzufließen. Von der Decke bis zum Boden wurde alles rausgerissen und das Gebäude kernsaniert. Betten, Sitzmöbel, Gardinen, Wäsche, Laminat, Tapeten usw. mussten entsorgt werden.
Ein Anwalt wurde eingeschaltet und Schadenersatzansprüche wurden gegenüber dem Vermieter gestellt. Dann der Schock. Nach Rücksprache von „Menschen in Not“ mit dem Anwalt der Familie Fischer kam die ernüchternde Nachricht. Es können gegenüber dem Vermieter keine Schadenersatzansprüche gestellt werden, da der Schaden vom Vermieter nicht schuldhaft verursacht wurde. Weder die Gebäudeversicherung des Vermieters noch die Hausratsversicherung der Familie Fischer kommt für einen Abwasserschaden auf. Es wurde nur der Schaden am Gebäude beseitigt.
„Menschen in Not“ stellte jedoch sofort einen ausreichend großen Betrag zur Verfügung. Familie Fischer konnte direkt neue Möbel, Wäsche, Tapeten usw. anschaffen und zieht Ende Juli wiederum in die inzwischen sanierte Doppelhaushälfte ein.
Klaus Baveld 14.07.19